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Blaudruck
Der Name Blaudruck ist ein wenig irreführend, denn die Stoffe werden hier nicht blau gedruckt, sondern blau gefärbt. Hier wird eine farbabweisende Substanz mit Holzmodeln, in die ein Muster eingestochen ist, auf den Stoff aufgebracht. Im Anschluss daran wird der Stoff mit Indigo gefärbt. Dort wo die farbabweisende Substanz aufgetragen war, bleibt ein weißes Muster auf blauem Grund.
Blaudruck – eine jahrhundertalte Tradition, immer wieder neu interpretiert
Er kann schon ein wenig geheimnisvoll zugehen, wenn hunderte hölzerne Schablonen, genannt Modeln, Verwendung finden. Eine altüberlieferte Kunst sucht sich auch heute noch ihren, ganz individuellen Weg. Der Blaudruck, übrigens in Deutschland als immaterielles Kulturerbe anerkannt, begegnet uns bei Kleidungsstücken und vielen Accessoires rund um das heimische Ambiente. Eigentlich ein kleines Wunder, denn es existieren leider nur noch wenige Handwerksbetriebe, welche die alten Drucktechniken, mittels Druckstöcken, noch beherrschen. Schade eigentlich, oder?
Handbedrucktes aus Ur-Omas Wäschetruhe
Vintage- und Shabby-Chic-Look sind in aller Munde. Manche Augen fangen förmlich zu leuchten an, wenn der Spur von Jahrhunderten gefolgt wird. So manches Mal schlummert auch noch etwas aus der legendären Wäschetruhe von Ur-Oma auf dem Dachboden. Schöne Wäschestücke, die mit dem überlieferten Blaudruckverfahren zu neuen Ehren kommen könnten. Warum also nicht die Probe aufs Exempel machen? Reizvoll & kreativ ist es allemal!
Beim Blaudruck muss sehr konzentriert gearbeitet werden, denn einen „Rückgängigmachknopf“ gibt es leider nicht. Die ganze Mühe ist praktisch dahin, wenn ein Druck nicht so ist, wie er sollte – aber sind Brüche nicht auch reizvoll? Zum Glück passiert dies bei den Kreativen, die sich dem Blaudruck professionell verschrieben haben, aber fast nie.
Der Blaudruckerberuf, oft generationsübergreifend in Familien ausgeübt, ist absolut erfüllend. Denn hier muss sich noch Zeit genommen werden, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Tischdecken, Gardinen, Vorhänge, Bettwäschen, Schürzen und Trachten-Stoffe danken es hier mit Einzigartigkeit. Während der traditionelle Blaudruck früher nur mit den Farben Blau und Weiß definiert wurde, gibt es heute auch die sogenannten Direktdrucke, die uns in allen möglichen Farben verzaubern.
Wie funktioniert der traditionelle Blaudruck?
Dazu wird der zunächst Leinenstoff aufgespannt. Dann werden die Modeln mit einer Flüssigkeit, die sich „Papp“ nennt, eingestrichen und diese auf den Stoff gedruckt. Mit „Papp“ wird eine grünliche Flüssigkeit bezeichnet, deren Zusammensetzung ein streng gehütetes Familiengeheimnis ist.
Danach kommt der Stoff ins Färbetauchbad und so entsteht das herrlich strahlende Muster in Weiß auf indigoblauem Untergrund. Ob dieses dann florale oder geometrische Ornamente zeigt, obliegt dem persönlichen Geschmack des Blaudruckers und den in seinem Besitz befindlichen Modeln.
Leider ist der Lehrberuf eines Blaudruckers vor rund 60 Jahren ausgestorben, und kaum ein Dutzend Könner in Deutschland, zwei in Österreich und einige in der Tschechischen Republik beherrschen sie noch, diese kunsthandwerkliche Form. Viele Handwerkerfamilien geben ihr Können an die Nachkommen weiter.
Die „Kunst der armen Leute“
Zu früheren Zeiten als „Kunst der armen Leute“ betitelt, erleben kunstvoll bedruckte Stoffe gerade eine wahre Renaissance. Immer mehr Menschen finden wieder Gefallen an Kleidern, Westen, Tischdecken und sonstigen Textilien, die oft sogar nach Kundenwunsch hergestellt werden.
Das „Blaue Wunder“ erleben! – diese Redewendung entstammt übrigens dem Mittelalter, als sich dieses schöne Handwerk verbreitete. Der Färbeprozess mit der Indigopflanze verwandelt den Textilstoff von Gelb über Grün bis zum gewünschten kräftigen Blau-Ton. Das Wunder hat einen Namen: Sauerstoff! Denn dieser reagiert mit der Farbe.
In den alten Zeiten gab es nur sehr wenige Mittel zum Textilfärben, nur Adel und Kirche waren deren kundig. Aber dennoch setzte sich der Blaudruck, bei dem natürlich vorwiegend handgewebte Leinenstoffe aus der ländlichen Bevölkerung bedruckt wurden, als die Kunst der armen Leute durch.
Die teilweise über 200 Jahre alten verschiedenen Druckstöcke bilden heute den Schatz jeder Blaudruck-Manufaktur. Oft bringen Kunden auch alte Leinenstoffe in Blaudruck-Manufakturen, nicht selten aus Omas Ausstands-Truhe mit wunderschönen gestickten Monogrammen, die dann veredelt werden.
Blaudruck hat in der Tracht eine lange Tradition und wird als Stoff gerne für Dirndlkleider und Schürzen eingesetzt.
Das bekannteste Blaudruckdirndl ist das Wachauer Alltagsdirndl.
In Österreich gibt es 2 spezialisierte Blaudruckereien: eine im Mühlviertel und eine Burgenland.
Bildnachweis: Blaudruck Wagner; Blaudruckerei Koó