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Weben – die Kunst, die Basis erlebbar macht
Unten ohne ist out! Das versprechen zumindest die neuesten Trends der Teppich-Mode. Nicht nur neue Töne sind angesagt, wer was auf sich hält, schafft sich sinnliche Ruhezonen in zarten Rottönen als Kuschelpartner. Spannende Muster zum Mixen geben derzeit den guten Ton an, und mindestens ein Teppich pro Raum und Boden heißt die neue Devise.
Die innovativen Flachgewebe beeindrucken mit spannenden Strukturen in Natur- und Pudertönen. Egal, ob es sich nun um einen Kelim-, den Gabbeh-, Boucherouite-, Shaggy-, Dhurrie- oder Beni Ourain-TYP aus Wolle, Baumwolle, Seide oder Kunstfaser handelt, sie alle werden gewebt, geknüpft oder getuftet. Heute widmen wir uns dem Weben, das eines der ältesten Handwerke überhaupt sein soll.
Weben – eine Kunst
Besonders das Schöpferische Weben dient nicht nur der eigentlichen Technik, sondern ist ein großer Quell der Inspiration. Beim kreativen Weben wird der Faden oft „weitergesponnen“, und es entsteht der Wunsch nach individuell gestaltetem Material. Das Spinnen von Wolle und das Färben mit Pflanzenfarben haben sich also längst ihren Platz in der Geschichte der Weberei gesichert, die sowohl ökonomische als auch soziologische Komponenten enthält.
Seit wann gibt es das Weben?
Die Frage nach dem Beginn der Weberei ist besonders schwierig zu beantworten, da die Erforschung allein durch die Vergänglichkeit des Materials sehr erschwert wird. 1931 wurde eine griechische Vase aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. gefunden, die eine Darstellung von Frauen zeigt, die am Gewichtswebstuhl arbeiten.
Diese Vase, heute im Metropolitan Museum of Art in New York zu bestaunen, gilt als eine der seltenen Funde, die das Weben in der Frühzeit jahreszahlmässig belegt. Aber immerhin gibt es zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass heute zumindest klar ist, zu welchen Zeitpunkt spätestens gewebt wurde, mit welchem Material und wie das Webgerät optisch nach Abschluss einer gewissen Entwicklungsphase, die nicht bekannt ist, ausgesehen haben mag.
Das Ineinanderflechten von Zweigen & Ästen zu einem festen Verband in Webart, ist eine Tätigkeit, die aus dem Instinkt heraus bewältigt wird, denn sie ist auch Tieren möglich. Diese Webart wurde von Menschen schon früh ausgeübt, und zunächst entwickelte sich daraus die Korbflechterei. Vom Flechten eines Korbes bis zum Verweben einer flexiblen Materie war es ein großer Schritt, denn nicht nur das Fasermaterial aus der Natur musste aufbereitet werden, es war auch notwendig, Fasern zu einem endlosen Faden zu spinnen, um weben zu können.
Die Lösung dieser anstehenden Probleme brachte uns die Webkultur näher. Das technische Problem beim Weben ist das Spannes des einen Fadensystems, damit das andere rechtwinklig mit diesem verkreuzt werden kann.
Weben in aller Welt
Für dieses „Problem“ gibt es natürlich vielerlei Lösungen, die in den einzelnen Kontinenten, völlig unabhängig voneinander, unterschiedlich angegangen wurden. So sind uns heute Urwebgeräte übermittelt, die dem indogermanischen Sprachraum zuzuordnen sind. Die Webtechnik und der Gewichtswebstuhl kamen vermutlich mit Ackerbau & Viehzucht aus dem Osten nach Europa, und bis in die römische Zeit gilt er wohl als das einzig benutzte Webgerät Europas.
Noch heute befinden sich zum Beispiel im Norden Lapplands einzelne Gewichtswebstühle in Gebrauch – eigentlich kein Wunder, denn in der Abgeschiedenheit des Landes und den Lebensgewohnheiten der Lappen konnte er sich bis heute behaupten. Ein Glücksfall, denn dieser Gewichtswebstuhl ist aus dem westlichen Kulturbereich seit 1000 n.Chr. verschwunden.
Dem Gewichtswebstuhl folgten ägyptischer Hochwebstuhl und orientalischer Lendenwebstuhl, der in der Inselwelt Ostasiens noch heute präsent ist. Als sich in Mitteleuropa Städtekulturen bildeten, wurden die Menschen aufgeschlossener gegenüber technischen Neuerungen.
Dabei spielen die Klöster um 1500 als Anregungszentren und die Herauskristallisierung des Handwerks keine untergeordnete Rolle, im Gegenteil, sie boten gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung von Webgeräten. So war es auch möglich, dass in diesem Umfeld erst Webstühle im eigentlichen Wortsinn entstanden, bei denen der Querfaden zum Schuss wurde, da er mit dem Schiffchen durch die Kette „geschossen“ wurde.
Hochburgen der Weber
Neben Italienern und Spaniern waren vor allem die Flamen als ausgezeichnete Weber bekannt. Ein Ruf, der unter anderem auf ihrer technischen Überlegenheit basierte, denn bei den Flamen dürften vorrangig die Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit zum Trittwebstuhl gelegen haben. Schriften belegen, dass sie entscheidenden Anteil an der Erfindung des Zweimanntuchwebstuhles zum Weben breiter Stoffe haben.
Im Jahre 1733 erfand der Engländer John Kay die Schnelllade, das Weberschiffchen konnte jetzt mittels Schnur & Treiber von einer Seite zur anderen gezogen werden. Nun ging es Schlag auf Schlag, und bereits 1785 baute John Cartwright den ersten mechanischen Webstuhl in England.
1805 baute Josef Marie Jacquard in Frankreich den nach ihm benannten Jacquard-Webstuhl, auf dem erstmals Damaste genauso schnell gewebt werden konnten wie einfache Muster. Aber alles hatte ein kulturelles Ende.
Im Laufe der Jahrhunderte erstarrten die Zunftregeln, die Gesetzgebung unterband jeden neuen Impuls. Leider waren nicht nur die Gildenvorschriften dekadent, auch das geschmackliche Niveau sank stark ab, erkennbar am überladenen Seidengewebe, einer Damastweberei, die nahezu unter ging und einer Tapisserie, welche die Malerei kopierte.
Es ging nur noch ums „Produzieren“! – die Spezialisierung hatte den Geschmack förmlich erstickt. Neue Impulse mussten her, um das Niveau zu heben.
Impulse aus der Landbevölkerung
Ausgerechnet die Landbevölkerung hatte jetzt die Nase vorn! Die Impulse, die so dringend gebraucht wurden, kamen jetzt aus der gebildeten bürgerlichen Schicht, die ihre Ideen wiederum aus der Volkskunst schöpfte. Sie frischte ihr Wissen über die Technik bei der bäuerlichen Weberei auf, so dass zum Beispiel hessisches Bauernleinen in den Niederlanden bekannt & beliebt wurde.
In ländlicher Umgebung wurden Stoffe für Arbeitskleidung, Bettwäsche, einfache Tücher, die dann noch phantasievoll bestickt wurden, hergestellt. Landschaftlich gebunden entwickelte sich hier naive Musterung und Volkskunst, die auch in der stärkeren Verbundenheit mit der Tradition ihren Ursprung hatte. Die ländliche Handweberei eroberte sich ihren Platz bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Die Tweedweberei in Nordschottland sowie künstlerisch und handwerklich gut gearbeitete Gebrauchsgegenstände aus dem im Jahre 1919 gegründeten Bauhaus in Weimar, einer Hochschule für bildende Kunst & Kunstgewerbe, beeinflussten die inzwischen wiederbelebte Handweberei. In Frankreich nutzten eine Reihe von Künstlern die Ausdrucksmöglichkeiten des Wandteppichs zur Raumgestaltung, indem sie dem Bildteppich zur großen Renaissance verhalfen. Was folgte, war der verstärkte Einfluss des Kunsthandwerks auf die Textilindustrie, ein Einfluss, der bis heute Bestand hat.
Gewebtes in der Tracht
Gerade in der Tracht wurde und wird immer schon Wert auf gute Qualität der Stoffe gelegt. Baumwolle und Leinen, aber auch edlere Materialien sind wichtige Basis für ein schönes Alltags- oder Festtagsdirndl. In der Trachtenbibel finden Sie im Shopverzeichnis viele Geschäfte, die ebenso Wert auf diese Qualität legen.
Auch ist Handgewebtes heute wieder en vogue! In der Musterweberei erhalten Sie beispielsweise feine, handgewebte Babydecken.