Kein Wadl ohne Stutzen

Von am 16. April 2019 5 254 Views

Die Entstehung der Stutzen

Schon in römischen Zeiten wurden die Waden mit Fell, Loden oder Leinen umwickelt, um gegen die Kälte geschützt zu sein. Im Mittelalter wurden daraus dann Beinlinge, die die Vorläufer der Stutzen sind.

Was heute als unerlässlicher Teil der Tracht ist, hat als Wadenstrumpf ohne Fußteil begonnen. Direkte Nachfahren der Wadenstrümpfe sind die Loferl, die hauptsächlich in Bayern getragen werden.

Gestrickte Strümpfe gab es ab dem 16. Jahrhundert und haben sich im 18. Jahrhundert dann so richtig verbreitet. Mittlerweile hat der gestrickte Strumpf einen Fixplatz in der Trachtenwelt. Und ganz besondere Exemplare sind die handgestrickten Stutzen, die nach alten Modeln – das sind spezielle Strickmuster – gefertigt werden.

Die Herstellung von handgestrickten Stutzen ist sehr aufwendig, weil es eine Arbeit ist, die einerseits nur noch von wenigen Frauen beherrscht wird, andererseits Ruhe, Geduld und Konzentration benötigt.

In mindestens 60 Stunden werden die Wadenwärmer beide gleichzeitig Reihe für Reihe gestrickt. Diese Prachtstücke haben natürlich ihren Preis, sind aber dann auch Unikate.

Macht den Beinen Stutzen!

Heute erkennt man teilweise an der Farbe der Stutzen die Herkunft des Trägers. So sind sie zum Beispiel im inneren Salzkammergut grün, im Rest der Region grauweiß-meliert.

Auch soll nur im Ausseer Land und im Oberen Ennstal der Strumpf nicht umgeklappt (ja nicht schoppen!) werden, sondern knapp unter dem Rand mit einem Wollfaden um das Bein festgebunden werden. Denn angeblich täuscht ja der umgeklappte Stutzen ein strammes Wadl vor, was der „echte“ Träger natürlich nicht notwendig hat.

Auch die verschiedenen Strickmuster der handgestrickten Originale erzählen Geschichten von „brennenden Lieben“ oder „Kornähren“. Alle diese Muster haben einen eigenen Namen wie Kleeblattl, Almweg, Fenster, Herz, Baum, Jagersteig, Hexnhaxn, Vergessene Liab, Hahntritt, Zwetschkenkern, Glöckerl, Fischgratn, Salzburger Model, dreifach Ketterl, Stiagn, Tulipan, Nullenzopf, Woazkörndl oder Hennasteign, um nur einige aus der großen Vielzahl zu nennen. Zum Glück gab es Strickerinnen, die die Strickschriften aufgeschrieben haben, damit diese auch heute noch weiterleben.

Bei keinem anderen gestrickten Bekleidungsstück gibt es so viele unterschiedliche Muster!

Getragen werden die Strümpfe zur kurzen Lederhose und zur Kniebundhose. Die Wintermodelle sind aus Schafwolle, im Sommer wird Baumwolle getragen.

Heute gibt es maschinell gefertigte Stutzen nicht nur in den herkömmlichen Farben, sondern in modischem Blitzblau oder sogar Rot. Was gefällt oder nicht, muss ohnehin der Träger entscheiden – wichtig ist ja im Endeffekt das stramme Wadl.

Stutzen selber stricken

Egal ob sie Stutzen, Loferl, Pfousn, Heislen oder Beinhösl genannt werden – Trachtenstutzen zu stricken ist eine Kunst für sich, die Kenntnisse in den Strickgrundlagen erfordert und natürlich Geduld und Akribie.

Die Autorin Ursula Wurm geleitet alle Strickinteressierten durch die Welt der bedeutungsvollen Muster und zeigt in ihrem kleinen Buch „Trachtenstutzen selber machen“, wie die eigenen Trachtenstutzen und -strümpfe für Damen, Herren oder Kinder gelingen.

Das kleine Büchlein gibt einen guten Überblick über die Geschichte und stellt bekannte Strickmuster und -anleitungen mit Strickschrift vor. Damit bekommen Sie eine Einführung in die Strickwelt der Stutzen.

Falls Sie handgestrickte Stutzen möchten, aber keine Zeit oder kein Talent zum Selbststricken haben, finden Sie handgemodelte Modelle auch im Onlineshop des Salzburger Heimatwerks.

Bild: Salzburger Heimatwerk

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