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Lichtbratlmontag – Brauch in Bad Ischl
Große Ereignisse werfen ja bekanntlich ihre Schatten voraus, und eines ist: Bad Ischl wird die Kulturhauptstadt Europas 2024.
Im Herzen des Salzkammerguts gelegen, direkt am Ufer der Traun, liegt die ehemalige Kaiserstadt Bad Ischl – und nun ist es auch amtlich. Denn diese Stadt setzte sich gegen St. Pölten und Dornbirn im Rennen um die europäische Kulturhauptstadt 2024 durch.
Das heißt auch, dass verstärkt wieder die Annalen der Geschichte bemüht werden, um den einen oder anderen Brauch wieder erlebbar & lebendig zu gestalten. Einer, der nie weg war, ist der „Lichtbratlmontag“. Aber was ist eigentlich ein Lichtbratl?
Lichtbratlmontag – was bedeutet der Brauch?
Vor dem Zweiten Weltkrieg war dieses Fest noch in größeren Teilen Österreichs bekannt. Eine Publikation von 1928 erwähnt, dass er auch in einigen Bezirken von Wien anzutreffen war, der Brauch sich aber bereits damals auf dem Rückzug befand.
Heute wird dieser spezielle Montag fast ausschließlich in wenigen Gemeinden im Salzkammergut gefeiert.
Eine Sonderstellung hat der Liachtbratlmontag jedoch in Bad Ischl, da dieser Tag dort traditionell mit einer Ehrung von Altersjubiläen verbunden ist und in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Das ist auch der bekannte Lichtbratlmontag!
Lichtbratlmontag in Bad Ischl
Die Ischler, dort geborene und Eingeweihte lassen das „Bad“ natürlich weg, nehmen es ganz genau: einmal in der Kaiserstadt auf die Welt gekommen, bleiben sie ein Leben lang Ischler. Und sie gehen alle 10 Jahre lichtbratln – egal, wo sie dann wohnen!
Die Ischler, die einen runden Geburtstag feiern dürfen, gehen am Lichtbratlmontag in einem festlichen Umzug rund um den Markt – und das Beste und vielleicht auch ein wenig Kuriose: Die ganze Stadt steht Spalier!
Damen bekommen dabei Blumen und die Herren ein Lebkuchenherz. – und alle tragen Tracht! Was für ein schöner Brauch, wenn da nicht die schwere Last wäre, die manch Ischler anschließend zu tragen hat.
Denn so manch geselliger Bad Ischler schleppt sich dann, gebeugt von Lebkuchen, und so manche beliebte Ischlerin als wandelndes Gebüsch über den Kreuzplatz. Der Lichtbratl-Brauch eint quasi ganz Ischl, aber wann ist er eigentlich entstanden?
Ischl, die Kur-, Kaiser-, Operetten- und Sommerfrischlerstadt, hat schon vieles erlebt. Böse Stimmen behaupten sogar, der Zaunerstollen – eine Süßware, die von Josef Nickerl, Pâtissier der Konditorei Zauner in Bad Ischl, im Jahre 1905 durch Weiterentwicklung der Ischler Oblaten entstanden ist – wäre ein Vorbild für die Kulturhauptstadt 2024.
Denn nun soll aus den übrig gebliebenen Restln was Neues, Einzigartiges und natürlich Knuspriges entstehen. Warum aber nicht, ein bisschen lebendige Geschichte darf’s doch wohl auch sein, oder?
Liachtbratln – alle 10 Jahre für jeden Ischler
Fragt man ein wenig indiskret nach dem Alter eines Ischlers, so kann es einem passieren, dass er antwortet: „Ich habe vor drei Jahren liachtbratelt!“ – was dann soviel heißen kann wie: Ich bin 53 Jahre alt.
Der Liachtbratl-Montag, wie er in Ischl ganz korrekt heißt, ist der erste Montag nach dem Michaelitag, also dem 29. September. Falls es ein Montag ist, kann dieser Brauch auch auf den Michaelitag selbst fallen.
In Bad Ischl gilt er als regionaler Feiertag, an dem sich alle Beschäftigten in Geschäften, Büros und den Ämtern über einen frühen Feierabend freuen dürfen, denn es gibt ja noch jemanden zu ehren.
Alle Ischler, die im jeweiligen Jahr einen runden Geburtstag feiern, das kann 50-, 60-, 70-jährige oder noch ältere Geburtstagskinder betreffen, werden am Liachtbratl-Montag besonders geehrt.
Denn nach dem Kirchgang und einem obligatorischen Fototermin im Kurpark ziehen die Jubilare in einem schönen Festzug durch ihre Stadt.
Woher kommt das Lichtbratln?
Der Brauch hat einen ganz praktischen Hintergrund. Denn wenn zu „Michaeli“ erstmals das künstliche Licht für die Winterarbeit benötigt wurde, gaben die Handwerksmeister den Lehrlingen und natürlich auch ihren Gesellen ein „Bratl“, einen deftigen Braten, aus, aus dem dann das sogenannte „Liachtbratl“ wurde.
So bieten einige Wirtshäuser des Salzkammerguts am Liachtbratlmontag auch heute natürlich ein traditionelles Bratlessen an.
Ein ebenfalls schöner Brauch an diesem Tag ist, Gäste, die Hüte tragen, mit sogenannten „Nagei“, kleinen Gestecken, zu überraschen. Heute ist es auch durchaus üblich, dass Stammgäste & Freunde eines Wirtes ein solches am Hut tragen.
Die kleinen „Nagei“, oft aus roten und weißen Papierröschen oder silberbesprühten Alpenrosen- und Heidelbeerzweigen gefertigt, erfreuen die Gäste dann von Mittag bis Mitternacht, der Zeit also, in welcher der Liachtbratl-Montag ordentlich zelebriert wird.
Der Umzug ist jedenfalls ein Spektakel, das Sie sich nicht entgehen lassen sollten!