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Gstanzl singen
Gstanzl – Was ist das?
Man nehme einen Schuss Ironie und verpacke diesen in einen Vierzeiler – fertig ist das Gstanzl!
Es ist eine Möglichkeit jemanden liebevoll, manchmal auch ein bisschen deftiger „auf die Schaufel“ zu nehmen.
Sofern es nicht zu sehr unter der Gürtellinie ist, passt das für den so Verspotteten auch, denn wer nicht erwähnt wird, der ist ja eigentlich gar niemand …
Gstanzl – verschiedene Erscheinungsformen
Der Vierzeiler ist die klassische Gstanzlform. Er besteht entweder aus vier Kurzzeilen mit 2 Reimpaaren oder aus zwei Langzeilen mit einem Reimpaar. Der Vierzeiler dauert genau acht Takte.
ist die klassische Gstanzlform.
Der Achtzeiler besteht aus acht Kurzzeilen oder vier Langzeilen. Längere Geschichten können sogar 12- oder 16-zeilig sein.
Der Dreizeiler ist eine Innviertler Spezialität. Er entsteht dadurch, dass die erste Zeile, also die ersten zwei Takte, nicht gesungen werden. Die Sänger setzen erst im dritten Takt ein. Die erste Zeile wird somit der Phantasie der Zuhörer überlassen.
Gstanzl – die Herkunft
Das Wort dürfte aus dem Italienischen „stanza“ (Strophe) stammen. Viele Lieder im Alpenraum sind eigentlich aus Gstanzln zusammengesetzt, die dann oft mit einem Jodler abschliessen.
Verschiedene Bezeichnungen für ein Gstanzl:
- Oberösterreich: Gstanzl, Tanzl, Trutzliadl
- Niederösterreich: Gsangl, Gsätzl, Sprüchl
- Bayern: Stückln, Schnaderhackn, Schnapperlied
- Kärnten: Flausenliadle, Plepperliadle
- Salzburg: Stieglhupfa
- Schweiz: Lompestöckli, Satzlliedli, Lumpeliedli
Themen für ein Gstanzl
Über das Thema Liebe wird oft zwei- bis eindeutig gesungen, daher nennt man manche Gstanzln oft „Grobe“ oder „Sauhäuterne“. Naturgemäß sind gerade diese sehr beliebt …
Ebenso gibt es Stänkereien gegen Nachbarn, gegen die Obrigkeit, die Politik und die Kirche. Aber auch Lobgesänge auf die Heimat, auf die Frauen und auf das Brauchtum.
Sehr bekannt sind auch die Gstanzln, die mit „Da droben am Bergerl …“ beginnen.
Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen, es werden wohl auch weiterhin viele Gstanzln in den Köpfen der Gstanzlsänger sein und mit jedem „Ansingen“ werden es mehr.
Gstanzlsingen
Gstanzln werden vielfach aus dem Stehgreif zur einfachen Melodie in der jeweiligen Mundart gesungen. Hier wird in der Sekunde entschieden und oft sogar direkt auf Geschehnisse im Publikum Bezug genommen. Ein guter Gstanzlsinger kann das oft stundenlang! Um herauszufinden, wer der Beste ist, gibt es oft Gstanzlwettbewerbe – auch Gstanzl-Battle genannt – die sehr amüsant zum Zusehen sind, da jeder Gstanzlsänger natürlich seinen eigenen Humor hat.
Auch bei den sehr populären Gstanzlsängertreffen, die überwiegend in Salzburg, Oberösterreich und Bayern stattfinden, können Sie tolle Gstanzln hören, denn dort kommt auch die Kritik an aktuellen – auch politischen – Verhältnissen nicht zu kurz.
Gstanzlsingen wird heute oft auch als Unterhaltung bei Hochzeiten betrieben. Hier macht sich oft der Hochzeitslader über die Brautleute und die anwesenden Gäste lustig. und den populär gewordenen Gstanzlsängertreffen (v.a. in Bayern, Salzburg und Oberösterreich). Dabei kommt auch die Kritik an herrschenden Verhältnissen und das gegenseitige Verspotten nicht zu kurz.
Oft wird auch in Gruppen gesungen. Der Vorsinger stimmt die erste Strophe an und der Rest der Gruppe fällt dann ein. Dazwischen wird dann kräftig „pascht“. Für nicht Eingeweihte: Unter Paschen versteht man das gemeinsame, rhythmische Klatschen im Takt.
Früher haben nur Männer und Burschen gesungen – und beispielsweise im Ausseerland ist es nach wie vor verpönt, dass Frauen paschen – doch gibt es immer mehr Frauen, die ebenso gut die feine ironische Klinge führen, die für ein Gstanzl notwendig ist.
Wenn Sie uns auf Facebook folgen, gibt es jeden Donnerstag ein Gstanzl, damit Sie Ihre Liste der bekannten Gstanzln ständig erweitern können.
Hier sehen Sie eine Gstanzl-Battle:
Quelle: Dr. Berthold Traxler